Freitag, 18. März 2011

Hummus zum Frühstück & Soldatinnen mit Handtaschen - Teil III

Nach dem Verlassen Jerusalems begann der letzte Teil der Rundreise, der uns weiter gen Süden und schließlich in den Norden führen sollte.
Nachdem der Schnee doch nicht nach Jerusalem kam, fuhren wir nach Ein Gedi am Toten Meer. Nach kurzem Überlegen habe sogar ich, als absolut wasserscheue Person bekannt, bei 21 ° meinen Bikini angelegt und bin todesmutig in die salzigen Fluten geglitten. Es ist wirklich ein unbeschreibliches Erlebnis, geradezu schwerelos an der Wasseroberfläche herumzuschweben und sich wahlweise auf dem Rücken oder dem Bauch vom Wasser treiben zu lassen. Man hat immer davon gehört, dass der hohe Salzgehalt des Toten Meers diesen Effekt haben würde - was das in der Praxis wirklich bedeutet, begreift man erst durchs Ausprobieren.

Danach ging's weiter nach Masada, den Überresten einer alten Festung von Herodes in der Wüste, die im judäischen Krieg zur letzten Bastion des Widerstands der Zeloten gegen die Römer wurde. Beeindruckend waren dabei für mich weniger die Überreste von Herodes' Anlagen als mehr der Ausblick, den man von der wirklich hohen Formation hatte, auch wenn das diesige Wetter dem Grenzen setzte.

Die Übernachtung in Be'er Sheva ließ uns diese Stadt im Negev nicht gerade als Wüstenstadt erscheinen, nach Berichten unseres dortigen Gastgebers sind dort aber jetzt wieder 36°. Während des ganzen Trips hörten wir immer wieder die Versicherung, wir hätten die einzigen kühlen Tage des Jahres abbekommen. Na gut, glauben wir das mal - allen künftigen Israelreisenden möchte ich aber raten, den Winter des Landes ernst zu nehmen. Den nächsten Shabbat haben wir jedenfalls - unter anderem mit einer informativen Führung durch die Bauhausstadt - in Tel Aviv verbracht, bevor wir nach Haifa weiterreisen konnten. Unsere dortigen Hosts wohnten in einem netten drusischen Dorf (Osfyia) am Stadtrand, von dessen Bergen man eine tolle Aussicht hatte. Sowieso hat Haifa und dessen Lage mir sehr gut gefallen, nicht nur, dass es in einer Bucht am Mittelmeer liegt - also einen Strand hat - sondern auch der Ausblick von den steilen Hängen ist toll. Gut, das Wandern durch die Stadt wird häufig durch steile Anstiege erschwert, aber was soll's. Für den ganz großen Aufstieg gibt es die einzige U-Bahn Israels. Sie hat zwar nur 6 Stationen, aber die Fahrt in ihr ist doch recht ungewöhnlich, wenn man "normale" U-Bahnen gewohnt ist.

Zum Programm am ersten Haifatag gehörte natürlich die Besichtigung der Bahaigärten und ein Besuch im etwas entfernt liegenden Akko. Die Gartenanlagen sind nett anzusehen, wirklich spirituell wirken sie aber nicht. Überhaupt erzählten zwei Touristenführer unterschiedliche Dinge über die Bedeutung der Hängenden Gärten der Bahai - vermutlich haben die Gärten selbst wirklich keine spirituelle Bedeutung. Der Schrein des Bab, des Religionsstifters, war leider gerade von Planen verhüllt, man beachte aber den "antiken" Tempel mit dem merkwürdigen grünen Dach zur Rechten, und natürlich die Aussicht. Was man bis zum Schrein sieht, ist übrigens nur die Hälfte, nach unten hin erstreckt sich ein genauso langes Stück weiterer Gartenanlagen. Auf dem Weg zum Bahnhof durch die Deutsche Kolonie zu schlendern war erheiternd, denn es sah tatsächlich recht "deutsch" aus. Denn auch wenn die Häuser, die Mitglieder der deutschen Tempelgesellschaft errichtet haben, in klassischen Sandfarben gehalten waren, prangte auf ihnen doch ein landesunübliches Spitzdach.

Akko/Acre hatten wir uns etwas aufregender vorgestellt, auch hier waren wir vorwiegend in der Altstadt, aber immerhin den vor wenigen Jahren erst entdekcten Templertunnel haben wir erkundet und die Zitadelle besucht, die Ritterhallen sind ziemlich beeindruckend. Durch die Gassen der Alstadt findet man sich nicht sehr leicht zurecht, da auch alle Schilder auf arabisch sind, aber mit den wenigen Schildern für Touristen ging es.

Am letzten "aktiven" Tag unternahmen wir nach Tiberias, um den See Genezareth zu erkunden. Die Landschaft in Galiläa ist wirklich toll und wir haben neben dem Seeufer gleich drei bekannte Orte besuchen können: die Brotvermehrungskirche, die Primatskapelle und den Berg der Seligpreisungen. Da dieser Bericht knapp sein soll, bitte ich meine Leser diese Orte bei Unwissenheit zu googeln oder das Neue Testament zu lesen. Am schönsten fand ich - trotz des anstrengenden Aufstiegs durch einen Olivenhain - den Berg der Seligpreisungen.
Die 8 Seligpreisungen (aus der Bergpredigt) sind dort in einem Garten verteilt auf Steintafeln angebracht - natürlich auf Latein. Ha, wir lachen den Unwissenden ins Gesicht! Aber auch die Kirche gefiel mir ziemlich gut. An diesem Moment musste ich mich tatsächlich ein wenig über die Touristen aus den Reisebussen wundern, wenn nicht gar empören. Sicher ist es sehr komfortabel, in einem Land ohne zuverlässigen ÖPNV immer ein Vehikel zur Verfügung stehen zu haben, aber wie kann man in 5 Minuten - wenn nicht gar weniger - in eine Kirche reinstürmen, eine Runde drehen und wieder herausrennen?
Am letzten Tag vor dem Abflug haben wir nicht mehr viel unternommen, v.a. weil mir meine Erkältung, die vermutlich aus der Wüste stammt, ziemlich zu schaffen machte. Ein Erlebnis ist mir vor allem im Gedächtnis geblieben: als wir Haifa verlassen wollten war es 11 Uhr. Am 15.03. gab es in ganz Israel ein 5-minütiges Gedenken an Gilad Shalit, der nach wie vor im Gazastreifen gefangengehalten wird.  An so einem nationalen Einhalten teilzunehmen ist schon etwas Besonderes. In Tel Aviv waren wir noch Andenken besorgen und haben die quälend lange Nacht am Flughafen verbracht. Le'hitraot be'Israel
Tja, jetzt bin ich wieder im grauen Hamburg, von dem ich hoffe, dass es so schnell wie möglich wieder sonnig wird. Ich möchte so bald wie möglich einen Hängesessel auf dem Balkon hängen haben.

Hummus zum Frühstück & Soldatinnen mit Handtaschen - Teil II

Hatte ich schon erwähnt, welche Entdeckung ich am Flughafen Zürich beim Warten auf das Boarding machen konnte? Hebräisch ist meiner Meinung nach das Schwizerdütsch der semitischen Sprachen, soviel "kh"s und "ch"s findet an sonst nicht in vielen Sprachen.
Aber eigentlich soll es jetzt ja um Jerusalem gehen. Inzwischen hatte die israelische Arbeitswoche wieder angefangen und die Straßen, Einkaufszentren und Bahnhöfe in Tel Aviv wie Jerusalem waren voller Soldaten und Soldatinnen. Ich kann mir vorstellen, dass so viele uniformierte  - v.a. - junge Menschen, oft durchaus bewaffnet, für die meisten Israelurlauber ein verstörender Anblick sind.
 Nach der Erkundung der Gassen der Goldenen Stadt am ersten Tag - ganz in schwarz gekleidet fällt man im Jüdischen Viertel nicht weiter auf - war der zweite Tag den Hauptattraktionen gewidmet, was sich natürlich vor allem auf die verschiedenen religiösen Stätten bezieht.





 Gedränge an der Klagemauer (engl. Western Wall) war eigentlich nur in der Frauenecke (rechts) zu beobachten, die ungerechterweise sehr viel kleiner als die der
Männer ist.

Den Gang über die Via Dolorasa mussten wir unterbrechen, da es nur eine Stunde am Nachmittag gibt, zu der Nichtmuslime den Tempelberg betreten dürfen (man sieht die Holztreppe auf dem Bild rechts). Vorher konnten wir bei einem Gang um die Mauern der Altstadt jedoch besichtigen, welch immense und vermutlich brisante Bedeutung der Ölberg für die jüdische Bevölkerung hat: die von Weitem sandfarben scheinende Fläche bestand in Wahrheit aus Tausenden von Gräbern, und es ist noch Platz für weitere.

Aber zurück zum Tempelberg, ich will mich schließlich auf das Wichtigste beschränken. Es empfiehlt sich wirklich, möglichst früh vor dem Eingang zu stehen, 20 Minuten vor Einlass hatte sich bereits eine kleine Schlange gebildet. Die Fläche auf dem Berg selbst ist ziemlich groß und beeindruckend. Während die Al-Aqsa Moschee eher farblos wirkt, ist der Felsendom, der mit seiner goldenen Kuppel die Altstadt überragt ein echtes Schmuckstück. Nach einer Stunde mussten wir aber leider das Gelände schon wieder verlassen.

Bleibt noch die Grabeskirche zu erwähnen. Die vielen Richtungen des Christentums, die sich in der Kirche mit dem Heiligen Grab aufhalten wollen, haben auch architektonisch ihre Spuren hinterlassen, was zu einem großen Gewirr an unterschiedlichen Stilen führt und die Kirche meiner Meinung nach recht wenig konzeptioniert wirken lässt. Ein Beispiel wäre folgender Anblick, der sich dem Betrachter aus dem römisch-katholischen Teil der Golgotha-Kapelle in den griechisch-orthodoxen Teil bietet.
Das Gedränge in der ganzen Kirche ist wirklich enorm, erst recht, wenn die tägliche Prozession der Franziskaner beginnt, die wir auch erleben durften.
Am Abend stand dann auch mal das "neue" Jerusalem auf dem Plan, allerdings finde ich es in den Gassen der Altstadt doch gemütlicher - so ein richtiges Großstadtflair konnte mir auch die  Neustadt von Jerusalem nicht vermitteln. Der dritte Tag war nass und kalt, sogar Schnee war angekündigt worden. Gut, dass für diesen Tag sowieso ein Museumsbesuch vorgesehen war, nämlich in Yad Vashem. Zu dieser Holocaustgedenkstätte muss man nicht viel Worte verlieren - der eindrucksvollste Gedenkort war auf jeden Fall der für die ermordeten Kinder und auch das neu errichtete Museum ist einen Besuch wert.

Für die letzten Tage der Reise wird es noch einmal einen neuen Beitrag geben, ich hoffe ich kann soweit den ein oder anderen Leser unterhalten und fordere alle auf, auch noch den Schilderungen vom Toten Meer, haifa und Tiberias ihr Auge zu leihen.

Donnerstag, 17. März 2011

Hummus zum Frühstück & Soldatinnen mit Handtaschen - Teil I




Die Liste an Skurrilitäten ließe sich noch ein wenig fortführen. Es sind einfach zu viele Eindrücke, die bei mir auf unerer kleinen Rundreise durch Israel haften geblieben sind. Viele, die von der Reise wussten, sind auf Fotos und Erzählungen gespannt, daher wähle ich diesen Weg, um ein wenig von dem zu berichten, was uns in den letzten 12 Tagen alles widerfahren ist. Alle 300 Fotos werden jedoch nicht veröffentlich werden, das wäre doch zu ermüdend. Ganz nebenbei: welcher Blogleser ist bitte über die Google-Stichworte "Frauen tanzen auf der Stange Videos" zu mir gekommen? Wenn schon, dann an der Stange bitte.

Als echte Traveller, oder Reisende, wie der Lonely Planet zu sagen pflegt - nur nicht als Touristen zählen - ging es also frohgemut mit Backpacks zum Flughafen, um über Zürich nach Tel Aviv zu fliegen:
Die Schokolade bei Swiss Air ist übrigens nur zu empfehlen...

Wenn man nun früh halb vier am Shabbat in Tel Aviv steht, bleibt nur das Taxi in die Stadt, wo es noch galt, ein Hotel für die nächsten zwei Tage aufzutreiben. In diesem konnten wir uns für den ersten Tel Aviv-Tag am Strand ausschlafen. Dass das Wetter leider nicht die nächsten Tage halten würden, war zu der Zeit noch nicht klar...




Ein israelisches Frühstück bei "Aroma" ist jedenfalls das Richtige für den Beginn einer Reise!

Barfuß laufen am Strand und einen Teil der Stadt zu erkunden war genug für den ersten Tag, am zweiten Tag haben wir die Altstadt von Jaffa besucht, die wirklich sehr schön restauriert wurde - ein echter Gegensatz zu der ein wenig schmuddeligeren Ecke rund um den Strand in Tel Aviv mit den vielen Hotels.
Abends stand das erste Couchsurfingerlebnis in diesem Land auf dem Plan, was das noch viel größere Erlebnis voraussetzte, einen Bus aufzutreiben, herauszufinden, wo dieser fuhr und dann noch in Erfahrung zu bringen, wohin es überhaupt wann gehen sollte. Richtig, in weiten Teilen Israels scheint man auch ohne Buspläne und Haltestellenaushänge glücklich zu sein - ein wahrhaft merkwürdiges Erlebnis für die verwöhnten Deutschen. Und ein Gewinn für Taxifahrer.

Am Tag darauf fuhren wie die kurze Strecke nach Jerusalem - der Zug hatte mit den steilen Bergen wirklich zu kämpfen, da bemerkt man erst, wie hoch Jerusalem eigentlich gelegen ist. Unser mit Krimskrams der letzten Jahrzehnte vollgestopftes Hotel befand sich in der Altstadt, auf der auch das Hauptaugenmerk der drei Tage lag. In ihren verwinkelten Gassen findet man sich anfangs nur schwer zurecht, ein hilfreicher Hinweis aus dem Reiseführer war aber, sich immer bergauf zu begeben, dann lande man am Jaffa Tor. In Jerusalem wurde es schon merklich kühler, hatten wir tatsächlich Hamburger Schietwetter mitgebracht? 
Morgen gibt es Weiteres über Jerusalem und den weiteren Verlauf der Reise.